Unser Forschungsansatz besteht darin, aus den Altbackwaren wie Brot, Brötchen oder Kuchen die Basischemikalie Hydroxymethylfurfural (HMF) und Kohle zu gewinnen. HMF spielt als vielseitiger Ausgangsstoff für die Herstellung von Biokunststoffen eine Schlüsselrolle beim Aufbau einer biobasierten Wirtschaft (Bioökonomie). Derzeit wird HMF hauptsächlich aus Fructose gewonnen und steht damit in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Altbackwaren hingegen bieten eine hervorragende Non-Food-Quelle. Speisereste dürfen gemäß EU-Richtlinie 1774/2002 nicht an Nutztiere verfüttert werden. Eine Verfütterung von Altbrot und Teigwaren wäre zwar auch weiterhin möglich, jedoch ist die Sicherstellung der Sortenreinheit sehr aufwändig und wird daher kaum praktiziert.
Das Projektteam an der Universität Hohenheim erarbeitet einen Prozess zur hydrothermalen Behandlung der Altbackwaren. Die in den Altbackwaren in großen Mengen enthaltene Stärke wird dabei zu HMF in wässriger Lösung und Kohle umgewandelt. Die Prozessparameter (pH-Wert, Temperatur, Dauer) werden so gewählt, dass möglichst hohe Ausbeuten an HMF erzielt werden.
Als Nebenprodukt der hydrothermalen Behandlung entsteht Kohle. Sie kann als Biobrennstoff oder als Bodendünger eingesetzt werden. Gleichzeitig ist sie ein gutes Adsorptionsmittel. Unsere Projektpartner an der Universität Hohenheim werden untersuchen, ob sie die Kohle als Adsorptionsfilter zur Isolierung von HMF aus der wässrigen Lösung einsetzen können.
Zusätzlich untersuchen wir am Fraunhofer WKI extraktive Methoden zur Isolierung des HMF aus der wässrigen Phase. Beide Methoden werden hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit evaluiert. Ziel ist es, den Einsatz von Lösemitteln zur Isolierung des HMF auf ein Minimum zu reduzieren.
In Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim und unserem Industriepartner kombinieren wir die Einzelprozesse »hydrothermale Vorbehandlung« und »Isolierung« schließlich zu einem Gesamtverfahren und übertragen es in den semi-industriellen Maßstab. In weiterführenden Laborversuchen werden wir am Fraunhofer WKI aus dem gewonnenen HMF erste Polymere synthetisieren und diese hinsichtlich ihrer Anwendungsmöglichkeiten untersuchen.
Biokunststoffe auf der Basis von Furan-Derivaten wie HMF bieten einige technische Alleinstellungsmerkmale, die sich mit anderen Biopolymeren nicht ohne weiteres realisieren lassen. Hierzu zählen u. a. eine Verbesserung der Härte und Kratzbeständigkeit sowie die Möglichkeit, selbstheilende Polymere zu synthetisieren. Das Potenzial von Kunststoffen, die auf Furan basieren, zeigt sich gut am bereits umfangreich untersuchten Polyethylenfuranoat (PEF). Daraus lassen sich beispielweise Biokunststoff-Mehrwegflaschen herstellen – als nachhaltige Alternative zu den bisher üblichen PET-Flaschen.
Durch die Umwandlung von regional verfügbaren Altbackwaren in hochwertige Biokunststoffe lassen sich fossile Ressourcen und Transportwege einsparen. Dass dabei als Nebenprodukt Kohle anfällt, die sich wahlweise als Biobrennstoff oder Bodendünger nutzen lässt, macht die stoffliche Verwertung von Altbackwaren zusätzlich attraktiv.