Kabinenwände in Schiffen, die entweder zwei Kabinen voneinander oder eine Kabine vom Gang trennen, müssen als »nicht brennbar« klassifiziert sein. Außerdem müssen sie im Brandfall dem Feuer mindestens 30 Minuten standhalten, ohne dass die Flammen auf die flammenabgewandte Seite durchschlagen. Das bedeutet, der Raumabschluss muss für mindestens 30 Minuten gewahrt sein. Je nach Anwendungsfall spielt außerdem die Temperaturerhöhung auf der feuerabgewandten Seite eine Rolle. In manchen Einbausituationen muss die durchschnittliche Temperaturerhöhung für mindestens 15 Minuten unter 140 C° und punktuell die maximale Temperaturerhöhung unter 225 °C liegen. Die Prüfungen für die Nichtbrennbarkeit und den Feuerwiderstand erfolgen nach dem »International Code for Application of Fire Test Procedures, 2010« (2010 FTP Code) der International Maritime Organization (IMO). Erfolgreich geprüfte Kabinenwände erhalten die Klassifizierung B0 (Raumabschluss für mindestens 30 Minuten) bzw. B15 (Raumabschluss für mindestens 30 Minuten und Einhaltung der Temperaturwerte für mindestens 15 Minuten).
Zurzeit werden anorganische Materialien wie Aluminium, Calciumsilikat, Steinwolle und Vermiculit verwendet, um Bauteile zu produzieren, welche die Klassifizierung B15 oder B0 besitzen. In unserem Projekt verfolgen wir die Idee, einen nachwachsenden Rohstoff wie Holz durch eine innovative Vorbehandlung an die Anforderungen des Brandschutzes anzupassen. Einer unserer Projektpartner, die Patrick Leleu Furnier GmbH, hat in der Vergangenheit ein 2 bis 6 mm dickes Sperrholz entwickelt, welches nach IMO FTP 2010 Code Teil 1 als »nicht brennbar« eingestuft ist. Davon ausgehend entwickeln wir gemeinsam eine stärkere Sperrholzplatte für den Kabinenbau, welche zusätzlich die Anforderungen des IMO 2010 FTP Code Teil 3 (Feuerwiderstand) erfüllt.
Mit einer Rohdichte von ca. 550 kg/m³ wird die Sperrholzplatte genauso leicht sein wie herkömmliches Kabinenwandmaterial. Aufgrund ihrer Materialeigenschaften lässt sich die Sperrholzplatte allerdings erheblich einfacher bearbeiten. Anpassungen durch Sägen, Bohren oder Fräsen können problemlos beim Einbau vor Ort erfolgen.
Die Sperrholzplatte wird die Anforderungen an den Schallschutz gemäß DIN EN 717-1 einhalten. Sie kann auch für den Nassbereich eingesetzt werden, da sie gemäß DIN EN 314-1 und -2 die Feuchtigkeitsklasse 3 erfüllen wird. Im Hinblick auf den Gesundheitsschutz werden wir bei der Entwicklung darauf achten, dass die Kabinenwand im eingebauten Zustand nur sehr geringe bis gar keine flüchtigen organischen Verbindungen (Volatile Organic Compounds, VOC) emittiert.
Bei der Entwicklung planen wir passende Verbindungsmittel ein, sodass die Platte im großtechnischen Maßstab produziert und verbaut werden kann. Sie könnte somit beispielsweise beim Innenausbau von Kreuzfahrtschiffen, Handelsschiffen oder Jachten zum Einsatz kommen und somit den Anteil von nachwachsenden Rohstoffen im Schiffsbau erhöhen. Damit dies tatsächlich geschieht, muss unser Kabinenwandmaterial in vielerlei Hinsicht den speziellen Anforderungen der Schiffsbauindustrie gerecht werden. Deswegen arbeiten wir im Projekt mit zwei Innenausstattern zusammen, die auf den Ausbau von Schiffen spezialisiert sind. Die metrica GmbH und Co. KG und die Oldenburger Interior GmbH & Co. KG erstellen einen Anforderungskatalog, an dem wir uns orientieren, und prüfen die Bearbeitbarkeit unserer Materialentwicklungen.
Ein weiteres Projektziel ist die Reduzierung der Produktionskosten für Kabinenwände aus Sperrholz, damit sie im Vergleich zu konventionellen Kabinenwänden konkurrenzfähig sind.