Der Ausgangspunkt der Forschungsarbeiten liegt auf der Frage, ob und wie sich die Holzqualität ändert, wenn Fichten nach einem Käferbefall bzw. Absterben zunächst nicht gefällt, sondern bis zu ihrer weiteren Verwendung aufrecht im Wald verbleiben (»Stehendlagerung«) bzw. für eine bestimmte Zeit in Trockenlagern außerhalb des Waldes gelagert werden.
Um das Forschungsziel zu erreichen, werden an zwei Standorten (Harz und Sauerland) geschädigte bzw. abgestorbene Fichten aus großflächig abgestorbenen Waldarealen (»Kalamitätsflächen«) entnommen. Die Baumauswahl umfasst sowohl verschiedene standörtliche Gegebenheiten (Wasser- und Nährstoffversorgung) als auch unterschiedlich lange Stehendlagerungszeiten (1 bis 5 Jahre). Die ausgewählten Bäume werden untersucht, um den Degradationsfortschritt des Holzes in Abhängigkeit von der Zeit zu bewerten. Ergänzend hierzu sollen Versuche an trockengelagertem Kalamitätsfichtenholz unterschiedlicher Lagerungsdauern durchgeführt werden.
Auf Basis dieser Analysen werden exemplarisch Holzprodukte hergestellt und hinsichtlich der normativen Eigenschaften untersucht. Am Fraunhofer WKI produzieren und evaluieren wir folgende Holzwerkstoffe:
- Oriented Strand Boards (OSB)
- Spanplatten
- Mitteldichte Faserplatten (MDF)
Die Materialprüfungen orientieren sich an den jeweiligen Produkt- und Anforderungsnormen (CE-Norm). Zu den untersuchten Eigenschaften zählen unter anderem Holzfeuchte, Rohdichte, Dickenquellung, Biegefestigkeit und Querzugfestigkeit.
Im Projekt werden außerdem Schnittholzprodukte wie Bretter, Bohlen oder Kanthölzer sowie geklebte Vollholzprodukte wie Brettsperrholz (BSP) oder Brettschichtholz (BSH) hergestellt und evaluiert. Die Untersuchungen umfassen die Schnittholzsortierung (visuell und maschinell), Verklebungseigenschaften und mechanische Eigenschaften. Es werden Biege-, Zug-, Blockscher- und Delaminierungsprüfungen nach Norm durchgeführt.
Der anwendungsbezogene Charakter des Projektvorhabens wird durch folgende Analysen ergänzt:
- Technische Trocknung von Kalamitätshölzern
- allgemeine Risikobetrachtung der Stehendlagerung von Kalamitätsfichten
- Analyse der Verbraucherakzeptanz
Auf Grundlage der im Vorhaben erzielten Ergebnisse entwickelt das Projektteam zudem einen allgemeinverständlichen Leitfaden für den Umgang mit stehendgelagertem Fichtenkalamitätsholz. Er soll unter anderem eine Übersicht an produktspezifischen Sortierkriterien enthalten. Diese sollen es ermöglichen, aus dem Schadholz die bestmöglichen Holzsortimente zu gewinnen – im Hinblick auf das jeweilige Endprodukt.
Der Leitfaden soll nicht nur Antworten auf die Nutzung von Fichtenkalamitätsholz liefern, sondern auch als mögliche Orientierungshilfe oder Vorlage für erwartete weitere Kalamitäten an wichtigen Wirtschaftsbaumarten (z. B. Lärche, Buche oder Eiche) dienen. Die Ergebnisse sollen zusätzlich in die Normung mit einfließen.