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Formaldehydfreies, biobasiertes in-situ-Klebstoffsystem zur Herstellung von MDF für emissionsarme und nachhaltige Möbel, Bauprodukte und weitere Anwendungen

Projektstart /

Mitteldichte Faserplatten (MDF) werden vielfach im Möbelbau eingesetzt. Sie haben eine sehr homogene Oberfläche, die sich besonders glatt beschichten lässt. Außerdem lassen sie sich ökonomisch und nachhaltig aus regional verfügbarem Holz sowie recyceltem Altholz herstellen. Daher spielen sie auch in der Bauindustrie eine große Rolle – zum Beispiel als Trägermaterial für Fußbodenbeläge oder Wandpaneele. Mit diesem Forschungsvorhaben möchten wir MDF und ähnliche Faserplatten noch zukunftsfähiger machen. Gemeinsam mit Industriepartnern entwickeln wir ein formaldehydfreies Klebstoffsystem mit biobasierten Stoffen, die preiswert am Markt verfügbar sind. Besonderer Clou: Das neue Klebstoffsystem kommt ohne klassischen Klebstoff aus.

Das Foto zeigt ein kleines Stück MDF, einen kleinen Haufen Holzfasern, ein Labor-Becherglas mit einer farblosen Flüssigkeit, ein kleines Laborschälchen mit hellblauem Pulver sowie ein Laborschälchen mit weißem Pulver.
© Fraunhofer WKI | Manuela Lingnau
Zutaten für die MDF der Zukunft: Wasserstoffperoxid (H2O2), Eisen(II)-sulfat (FeSO4) und eine biobasierte Dicarbonsäure als Ausgangssubstanz der Präadhäsive sowie Buchenholzfasern aus klimaresilienten Mischwäldern.

Das Projekt basiert auf einer am Fraunhofer WKI durchgeführten Pilotstudie zum Thema »Autoadhäsiv gebundene Holzwerkstoffe«. Die Grundidee der Pilotstudie war, die holzeigenen Bindekräfte durch chemische Behandlung der Fasern soweit zu erhöhen, dass sich MDF mit deutlich weniger Klebstoff oder sogar völlig ohne Klebstoff herstellen lassen.

Die grundsätzliche Machbarkeit konnte in der Pilotstudie nachgewiesen werden, jedoch hat sich dieses Verfahren nicht industriell durchgesetzt. Gründe:

  • mäßige mechanische und hygrische Eigenschaften der autoadhäsiv gebundenen MDF
  • Mangel an Prozesssicherheit

Auf der Pilotstudie aufbauend möchten wir in diesem Forschungsprojekt ein prozesssicheres Verfahren zur Herstellung von besonders nachhaltigen, emissionsarmen MDF mit marktfähigen Materialeigenschaften entwickeln.

Funktionsprinzip des neuen Klebstoffsystems

  • Die holzeigenen Bindekräfte der Holzfasern werden mithilfe von günstigen und gut verfügbaren Aktivierungschemikalien erhöht (Fenton-Reagenz aus Wasserstoffperoxid und Eisensalzen).
  • Die aktivierten Holzfasern werden mit biobasierten Präadhäsiven beaufschlagt und zu Platten verpresst.
  • Während des Heißpressens entstehen die eigentlichen klebaktiven Stoffe auf der Faseroberfläche (»in situ«).
     

Nutzung zukunftsfähiger Holzarten

Die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Holzfasern sind stark abhängig von der Holzart. Im Rahmen der Entwicklungsarbeiten werden verschiedene Holzarten erprobt, die in Deutschland gut verfügbar sind. Der Fokus liegt auf Laubholz, im Speziellen auf Buche und Birke. Mit einem Anteil von 16,6 Prozent ist die Buche die häufigste Laubbaumart in den deutschen Wäldern (vierte Bundeswaldinventur 2022). Die Birke eignet sich als Pionierbaum, um Kahlflächen zügig aufzuforsten. Mit einer Umtriebszeit von 60 bis 80 Jahren zählt sie außerdem zu den sogenannten »anderen Laubbaumarten mit niedriger Lebensdauer« (ALN). Das heißt: Im Vergleich zu anderen Baumarten ist sie relativ schnell hiebsreif. Vergleichend werden die für MDF derzeit überwiegend genutzten Nadelholzarten Fichte und Kiefer in die Entwicklung einbezogen.

Ziel ist es festzustellen, ob und in wieweit die Inhaltsstoffe verschiedener Holzarten die Aktivierung und insbesondere die in-situ-Verklebung unterstützen oder eher blockieren. Da sich Laubhölzer in den Untersuchungen hinsichtlich der Aktivierung von Holz mittels Fenton-Reagenz als besonders gut geeignet erwiesen haben, konzentrieren sich die Projektarbeiten verstärkt auf Laubholz als Rohstoff.

Die Verwendung von Laubholz hat einen weiteren Vorteil: Es wird bisher viel weniger für die Herstellung von partikelgebundenen Holzwerkstoffen genutzt als Nadelholz, wird aber künftig vermehrt zur Verfügung stehen. Denn angesichts des klimawandelbedingten Fichtensterbens setzen Waldbesitzer immer mehr auf resilientere Mischwälder. Im Zuge der Laub- und Mischwaldvermehrung werden ALN-Baumarten wie die Birke an Bedeutung gewinnen – beispielsweise als Erstbewuchs von Kalamitätsflächen sowie als Begleitbaumarten. Die Erschließung brachliegender Laubholzpotenziale für die Produktion von MDF und anderen Holzfaserplatten könnte erheblich zur Entzerrung der angespannten Lage auf dem Nadelholzmarkt beitragen.
 

Alleinstellungsmerkmale des neuen in-situ-Klebstoffsystems

  • Das neue Klebstoffsystem ist formaldehydfrei.
  • Es ist kein Klebstoff im herkömmlichen Sinne erforderlich.
  • Die Aktivierungschemikalien und Präadhäsive lassen sich – mit Ausnahme der katalytisch eingesetzten Eisensalze – vollständig auf Basis nachwachsender Rohstoffe herstellen.
  • Die biobasierten Präadhäsive bringen eine hydrophobierende Wirkung mit sich.

Die neuen Prozessschritte sollen einfach auf bestehende Anlagen übertragbar sein, um den Aufwand der Implementierung des Verfahrens gering zu halten. Auf diese Weise soll von Anfang an eine hohe Akzeptanz der

Holzwerkstoffindustrie gegenüber dem neuen in-situ-Verfahren geschaffen werden.

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