Presseinformation

Rationelle Fertigung mit nachhaltigen Werkstoffen:
Fraunhofer WKI und HBK Braunschweig zeigen Leichtbaustrukturen auf der LIGNA 2019

Braunschweig /

Auf der LIGNA 2019 präsentieren Forschende des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI und Designerinnen und Designer des Instituts für Designforschung (IDF) der Hochschule für bildende Künste Braunschweig (HBK) die Ergebnisse ihres Kooperationsprojekts. Auf der LIGNA sind Beispiele für eine rationelle Fertigung im Bootsbau und in der Fahrradindustrie zu sehen. Mit den besonders leichten Werkstoffen auf Basis nachwachsender Rohstoffe spricht das Fraunhofer WKI den Mobilitätssektor an.

© HBK Braunschweig | Samuel Zonon
Querschnitt eines Pedelec-Tretboots

Wie können nachhaltige Werkstoffe und Bauweisen in Leichtbaustrukturen eingesetzt werden? Kann der ökologische Fußabdruck im Bootsbau reduziert werden? Wie können erprobte Bauweisen des Bootsbaus auf andere Branchen übertragen werden? Erfüllen die neuen Materialien die strukturellen, verarbeitungstechnischen und kostenseitigen Anforderungen? Diesen und weiteren Fragen gingen Forschende und Gestaltende in einem Kooperationsprojekt des Fraunhofer WKI und des IDF nach. Ziel der Kooperation ist es, Innovationsprozesse neu zu denken.

»Durch andere Denkansätze aus dem Bereich Design erhalten wir interessante Lösungsmöglichkeiten für industrielle und gesellschaftliche Anwendungen. Wir haben die Materialien und die Expertise aus der Forschung des Fraunhofer WKI zur Verfügung gestellt. Von den Designerinnen und Designern des IDF der HBK Braunschweig haben wir wichtige Rückmeldungen aus dem praktischen Einsatz erhalten, die wiederum in zukünftige Forschungsvorhaben einfließen«, erläutert Dr. Dirk Berthold vom Fraunhofer WKI. Prof. Dr.-Ing. Gerhard Glatzel, Projektpartner am IDF der HBK Braunschweig, ergänzt: »Die Zahl der Hersteller, die sich mit nachhaltig erzeugten Werkstoffen auseinandersetzen, nimmt stetig zu. Das Kooperationsprojekt kommt dem gestiegenen Bedarf an praktischer Erprobung nach. Wir wollen einen Beitrag leisten, den Konflikt zwischen den hohen Kosten beim Einsatz nachhaltiger Werkstoffe und einer rationellen Fertigung zu lösen.«

Ausstellungsobjekte für den Bootsbau und die Fahrradindustrie

Neu und beispielhaft ist die konsequente Verwendung von nachhaltig erzeugten, CO2-speichernden Werkstoffen in einer auf automatisierte Fertigung ausgelegten Leichtbaustruktur. Zum Einsatz kommen Holzfurnier, Plattensperrholz, Flachsfasern, Kork und Epoxidharz aus Pflanzenölen. Nur der Härter des Harzes und einzelne Hilfsstoffe für die Fertigung sind Erdölprodukte. Die leichte und steife Sandwichstruktur reduziert im Vergleich zur bekannten Bauweise aus massivem Plattenmaterial oder aus massivem formverleimtem Sperrholz den Materialeinsatz und damit die Masse der Bauteile. Der Zusammenbau von zunächst flächigen Baugruppen in einer gekrümmten Negativform durch Laminieren mittels Vakuuminfusion führt zu einer hohen Fertigungsqualität.

Bei dem ausgestellten Rumpfquerschnitt eines Tretboots (im Maßstab 1:2) ist die Belastung der Rumpfstruktur geringer als bei größeren Booten. Mit geringeren Wandstärken lässt sich der Rumpf somit wesentlich leichter und ressourcenschonender konstruieren. Als äußere Decklage werden, statt eines industriell gefertigten Sperrholzes, zwei dünne, um 90 Grad versetzte Furnierlagen verwendet, mit einer Gesamtdicke von 1,6 mm. Als Sandwichkern wird ein Schaumstoff aus recycelten PET-Flaschen eingesetzt. Die innere Decklage besteht aus einer Schicht Flachsfaserlaminat.

Bei dem Hinterbau eines Pedelec- Lastenfahrrades mit Hinterradaufnahme, Tretlager, Sattelrohr, Lenkrohrlager und Anbauflansch für die Ladefläche mit Vorderrad werden, nachhaltig erzeugte, CO2-speichernde Werkstoffe für die tragende Struktur des Fahrrades eingesetzt.

Die Ergebnisse des Kooperationsprojekts zeigen, dass es möglich ist, nachhaltig erzeugte, CO2-speichernde Werkstoffe wie Holzfurnier, Flachsfasern, Kork und Epoxidharz aus Pflanzenölen in einer auf automatisierte Fertigung ausgelegten Leichtbaustruktur einzusetzen.

Das Fraunhofer WKI setzt sich, nicht nur in diesem Projekt, für den Dialog zwischen Wissenschaft, Kunst und Design ein. Durch diesen Austausch gelingt es, neue Perspektiven in Forschungsprozesse einzubringen. Positive strukturelle und nachhaltige Materialeigenschaften werden mithilfe von Kunst und Design veranschaulicht, Forschungsleistungen werden den Kunden und der interessierten Öffentlichkeit erlebbarer zugänglich gemacht. Das Fraunhofer WKI ist daher auch Mitglied des Fraunhofer-Netzwerks »Wissenschaft, Kunst und Design« und beteiligt sich am Programm »Artist in The Lab« des Netzwerks.

 

Zum Hintergrund

Nachhaltigkeit durch Nutzung nachwachsender Rohstoffe steht seit über 70 Jahren im Fokus des Fraunhofer WKI. Das Institut mit Standorten in Braunschweig, Hannover und Wolfsburg ist spezialisiert auf Verfahrenstechnik, Naturfaser-Verbundkunststoffe, Holz- und Emissionsschutz, Qualitätssicherung von Holzprodukten, Werkstoff- und Produktprüfungen, Recyclingverfahren sowie den Einsatz von organischen Baustoffen und Holz im Bau. Nahezu alle Verfahren und Werkstoffe, die aus der Forschungstätigkeit hervorgehen, werden industriell genutzt.

Das Institut für Designforschung der Hochschule für bildende Künste Braunschweig verbindet die Disziplinen Design, Ingenieurwesen und Soziologie zur Erforschung und Entwicklung von Transformationsprozessen auf den Gebieten Nachhaltigkeit, Mobilität, Stadtentwicklung und Digitalisierung. Forschungsorientiertes Lehren und Lernen bindet Studierende in die Forschungsarbeit ein und sorgt für eine hohe Praxisorientierung.

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