Bonding-on-Demand: Schaltbare Klebstoffe für zementgebundene Holzwerkstoffplatten
Schaltbare Klebstoffe eignen sich zur Verklebung von zementgebundenen Holzwerkstoffplatten. Das konnten Forschende des Fraunhofer WKI gemeinsam mit Industriepartnern nachweisen. Unter anderem mithilfe von Blockscherprüfungen zeigte das Projektteam, dass unter Verwendung der neu entwickelten Klebstoffe die Mindestanforderungen erfüllt werden.
Mit den neu entwickelten schaltbaren Klebstoffen für eine stirnseitige Fügung von zementgebundenen Holzwerkstoffplatten können verschnittarme Endlosplatten in einer kurzen Verarbeitungszeit hergestellt werden. Mithilfe der Industriepartner wurde die Entwicklung im Labor unter praxisnahen Bedingungen getestet.
»Wir haben am Fraunhofer WKI einen Bonding-on-Demand-Klebstoff entwickelt, dessen Klebewirkung sich wiederholt an- und ausschalten lässt. Die Schaltung des Klebstoffes erfolgt temperaturgesteuert und basiert auf einem reversiblen Vernetzungsmechanismus. Hierfür wurden in die Klebstoffmatrix spezielle chemische Strukturen, sogenannte Furan- und Maleimidgruppen, chemisch eingebaut. Unterhalb von 80 °C reagieren diese Einheiten unter Ausbildung chemischer Bindungen miteinander. Das Klebstoffharz vernetzt und die Klebewirkung wird angeschaltet. Oberhalb von 120 °C werden diese Bindungen wieder getrennt. Die Vernetzung wird aufgehoben und die Klebewirkung wird ausgeschaltet«, erläutert Dr. Steven Eschig, Projektleiter am Fraunhofer WKI. Die Reversibilität der Vernetzung haben die Forschenden mittels Dynamischer Scanning-Calorimetrie (DSC) untersucht.
Die Forschenden entwickelten furfurylierte Polyurethanharze, die mit einem Bismaleimid abgemischt wurden. Diese wurden auf zementgebundene Holzwerkstoffplatten appliziert und heiß gefügt. Nach der Aushärtung des Bauteils wurden die Blockscherfestigkeiten nach DIN EN 14080 Anhang D geprüft. Es zeigte sich, dass die Mindestanforderungen von 6 N/mm2 erfüllt werden, dies aber stark von der Zusammensetzung der Harze abhängt.
In den Laborversuchen zeigte sich außerdem, dass die Klebstofffugen an der Bruchstelle teilweise stark mit Zementstaub bedeckt waren, was die Klebewirkung negativ beeinflusst haben könnte. Zur Verbesserung der Verklebung wurden die zementgebundenen Holzwerkstoffplatten daher mit einem Primer vorbehandelt.
Die Schaltung des Klebstoffes erfolgt über eine induktive Anregung. Hierfür wurden dem Klebstoffharz sogenannte ferromagnetische Suszeptoren beigemischt. Durch Anlegen eines elektromagnetischen Wechselfelds lassen sich die Partikel innerhalb von Sekunden erwärmen und die Wärme wird an den umliegenden Klebstoff abgegeben. Die Funktionsweise ist vergleichbar mit einem Induktionsherd. Es wurden verschiedene Suszeptoren wie Eisenpulver, Edelstahlpulver, gemahlene Stahlwolle und MagSilica® untersucht. Als besonders geeignet erwiesen sich gemahlene Stahlwolle und MagSilica®.
Mithilfe einer thermographischen Untersuchung wurde das Erwärmungsverhalten analysiert. Hierbei zeigte sich, dass etwa 10 Massenprozent Suszeptoren im Klebstoffharz notwendig sind, um dieses gleichmäßig auf die benötigte Schalttemperatur von 120 °C zu erwärmen. In weiteren Versuchen wurde der Einfluss der Stärke des elektromagnetischen Feldes auf die Erwärmung untersucht. Hierfür wurden Stromstärke und Frequenz variiert und mittels Thermografiekamera festgehalten, wie schnell sich die Proben auf 120 °C erwärmen. Bei einer Stromstärke von 30 Ampere und einer Frequenz von 530 Kilohertz konnte der Klebstoff mit 10 Massenprozent MagSilica® innerhalb von 14 Sekunden auf 120 °C erwärmt werden.
Mit dieser neuen Fügungstechnik erhöht sich die Flexibilität für den Einsatz von zementgebundenen Holzwerkstoffplatten im Bau. »Ein wesentlicher Vorteil unserer Klebstoffe ist, dass die Applikation und die Fügung zeitlich unabhängig voneinander durchgeführt werden kann. Im Vergleich dazu haben gängige Klebstoffe sogenannte Topfzeiten, das heißt sie können nur in einem kurzen Zeitraum zur Fügung genutzt werden. Darüber hinaus lassen sich Bauelemente wieder voneinander lösen. Die Bauteile könnten für Fertighäuser eingesetzt werden, die sich schnell errichten und wieder rück-, umbauen und recyceln lassen«, erläutert Dr. Eschig.
Die energie- und rohstoffintensive Bauindustrie erhält somit eine Möglichkeit, nachhaltiger und gleichzeitig kostensparender zu bauen.
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