Zur Dämmung von Gebäuden kommen derzeit überwiegend Dämmstoffe aus Polystyrol oder Mineralwolle (Glas- oder Steinwolle) zum Einsatz. Sie sind nach DIN 4102-1 (1998) in die Baustoffklasse B1 (»schwer entflammbar«) eingestuft und können daher für alle Gebäudeklassen eingesetzt werden. Allerdings sind sie nicht-regenerativ und verbrauchen daher endliche Ressourcen. Dämmstoffe aus Polystyrol können zudem gesundheitsschädigend sein. Sie sind zwar schwer entflammbar. Ist das Polystyrol jedoch erst einmal in Brand geraten, verbrennt es mit dichtem, giftigem Rauch. Darüber hinaus schmilzt es und kann brennend abtropfen.
Holzfaserdämmstoffe sind eine nachhaltige Alternative. Sie erreichen bei gleicher Materialstärke eine ähnlich hohe Dämmwirkung und zeigen ein gutmütigeres Brandverhalten. Das bedeutet: Die Abbrandrate ist sehr gering, da sich im Brandfall an der Oberfläche eine Ascheschicht bildet, die die Sauerstoffzufuhr zum Brandherd unterbindet und eine schnelle Ausbreitung verhindert. Im Vergleich zu Polystyrol entstehen außerdem deutlich weniger giftige Rauchgase und Holzfaserdämmstoffe tropfend nicht brennend von der Fassade ab. Allerdings zeigen sie nach dem Entzug der thermischen Zündquelle Erscheinungen eines Glimmbrandes. Das kann unter ungünstigen Bedingungen dazu führen, dass das Material an einer anderen Stelle in der Fassade wieder in Brand gerät. Daher werden Holzfaserdämmstoffe bislang als »normal entflammbar« (Baustoffklasse 2) eingestuft und sind für die Gebäudeklassen 4 und 5 nur mit einer Zustimmung im Einzelfall zugelassen. Unser Projektziel ist es, einen speziellen Glimmschutz für Holzfaserdämmstoffe zu entwickeln, sodass diese künftig als »schwer entflammbar« eingestuft und in den Gebäudeklassen 4 und 5 eingesetzt werden können. Damit tragen wir dazu bei, den aktuell vergleichsweise geringen Marktanteil von Dämmstoffen auf Basis nachwachsender Rohstoffe zu erhöhen.
Projektablauf
Am Fraunhofer WKI stellen wir Holzfasern her und verarbeiten diese zu Dämmplatten. Außerdem simulieren wir den kontinuierlichen Glimmprozess und leiten aus den Ergebnissen Anforderungen an ein mögliches Glimmschutzmittel ab. Davon ausgehend entwickeln wir zusammen mit unserem Projektpartner, die ET Brandschutz GmbH, ein Glimmschutzmittel für unsere Dämmstoffplatten. Hierbei kommen verschiedene Flammschutzmittel in Frage, die sich unterschiedlich kombinieren lassen. Ziel ist es, die richtige Kombination zu finden, um den Glimmprozess sicher zu stoppen.
Am Fraunhofer WKI arbeiten wir dann die verschiedenen Glimmschutzmittelgemische bei der Herstellung unserer Dämmplatten ein. Alle entwickelten Materialien charakterisieren wir in einem eigens entwickelten Glimmprüfstand und im Prüfstand zur Bestimmung der Neigung des Bauprodukts zum kontinuierlichen Schwelen nach DIN EN 16733. Da es sich bei dem zu entwickelnden Material um eine Dämmung handelt, bestimmen wir auch die typischen Eigenschaften einer Dämmung (Wärmeleitfähigkeit, Rohdichteprofil, Wasseraufnahme).
Um sicherzustellen, dass sich unsere Lösung in der industriellen Fertigung wirtschaftlich umsetzen lässt, arbeiten wir in diesem Projekt auch mit einem Dämmstoffhersteller zusammen. Die Gutex Holzfaserplattenwerk GmbH & Co.KG stellt unsere Materialentwicklungen testweise im industriellen Maßstab her.