Durch den Einsatz schaltbarer Klebstoffe können die Auftragung (Applikation) des Klebstoffes und die Fügung der Bauteile unabhängig voneinander durchgeführt werden. Die prinzipielle Machbarkeit wurde in der Wissenschaft bereits beschrieben – wir erforschen die Details und entwickeln ein anwendungsreifes Produkt. Unser Ziel ist ein Polyurethan-Klebstoff, dessen Klebewirkung sich temperaturgesteuert ein- und ausschalten lässt. Erreichen möchten wir dies durch eine spezielle Struktur des Klebstoffes und die Integration chemischer Funktionen. Unterhalb von 60 °C bilden diese Funktionen miteinander chemische Bindungen aus und der Klebstoff ist vernetzt. Oberhalb von 120 °C lösen sich diese Bindungen und der Klebstoff schmilzt auf. Dieser Vorgang ist mehrfach wiederholbar.
Um die zur Schaltung des Klebstoffes benötigte Wärme gezielt in den Klebstoff zu führen, werden wir spezielle Metallpartikel, sogenannte Suszeptoren, in den Klebstoff einarbeiten. Durch Anlegen eines elektromagnetischen Wechselfeldes lassen sich diese Partikel innerhalb von Sekunden erwärmen. Die Wärme wird an den umliegenden Klebstoff abgegeben. Das Funktionsprinzip ist vergleichbar mit einem Induktionsherd.
Die Applikation und Erwärmung des Klebstoffs bei der Vorfertigung im Werk oder auf der Baustelle soll möglichst einfach sein. Gemeinsam mit unseren Projektpartnern betrachten wir hierzu verschiedene Verfahren. Auch Untersuchungen zum Brandschutz sind Teil des Projekts.
Gesellschaftliche Relevanz
Gebäude aus Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen sind gut für das Klima und verbrauchen wenig endliche Ressourcen. Fertighäuser können dazu beitragen, den Anteil nachwachsender Rohstoffe im Bauwesen zu erhöhen. Durch die schaltbaren Klebstoffe schaffen wir eine Möglichkeit, um sie flexibler planen sowie schneller und wirtschaftlicher herstellen zu können. Somit könnte zum Beispiel in Ballungsgebieten zügig auf die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum reagiert werden. Die reversible Klebewirkung ermöglicht außerdem einen einfachen Rückbau der Gebäude. Ganze Wandelemente könnten wiederverwendet und müssten nicht neu produziert werden.
Auch in anderen Lebensbereichen könnten die Technologie der reversiblen Vernetzung in Zukunft eine große Rolle spielen. Aus ökologischen Gründen werden zunehmend Leichtbauteile aus biobasierten, hochleistungsfähigen Hybridmaterialien eingesetzt, etwa Faserverbundkunststoffe im Fahrzeugbau. Es ist denkbar, die Schaltbarkeit direkt im Material zu integrieren. Dadurch ergäben sich ganz neue Recyclingmöglichkeiten.
Wirtschaftliche Vorteile
In der Bau- und Wohnungswirtschaft wächst aus wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und umweltpolitischer Sicht der Druck, nachhaltig und gleichzeitig kostensparend zu bauen. Schaltbare Klebstoffe können den Bau von Fertighäusern wirtschaftlich attraktiver machen. Die Gebäude lassen sich damit nicht nur zeit- und kosteneffizient herstellen, sondern auch flexibel auf die Bedürfnisse der Kunden anpassen. Bei vorausschauender Planung könnte man beispielsweise während der Gebrauchszeit je nach Bedarf Wände hinzufügen oder entfernen. Auch die Automobil- und Möbelindustrie könnte von den flexiblen