Unter Berücksichtigung dieser Faktoren wählen wir eine oder mehrere Materialstufen einer Faser-Matrix-Kombination aus, um das Recyclingpotenzial des Endprodukts ingesamt zu verbessern.
Im Vorläuferprojekt »inBETWEEN« stellte sich bereits heraus, dass die Verwendung von Alttextilien noch schwierig ist. Denn: Es gibt derzeit keine großen Stoffströme an sortenreinen Alttextilien, die sich für die Herstellung von funktionellen Bauteilen aus Faserverbundkunststoff eignen. Die Textilart hat großen Einfluss auf den Verarbeitungsprozess, die Faser-Matrix-Haftung sowie die mechanischen und sensorischen Eigenschaften des Faserverbundkunststoffs. Das heißt: Die Textilien müssen bestimmte Materialeigenschaften in gleichbleibender, vorhersagbarer Qualität haben – insbesondere für Massenanwendungen mit konkreten Anforderungen, beispielsweise beim Fahrzeugbau oder im industriellen Möbelbau. Zudem liegen Alttextilien oft nicht in ausreichender Größe vor, um als Verstärkungsgewebe in großflächigen Bauteilen eingesetzt werden zu können, etwa in einer Autotür oder in einem Windkraftrotorblatt. Daher konzentrieren wir uns in diesem Projekt auf nachwachsende Naturfasern wie Flachs.
Bei der Kunststoffmatrix sieht die Situation etwas anders aus: Hier gibt es bereits sortenreine, große Stoffströme an potenziell geeigneten Rezyklaten, beispielsweise aus Polypropylen (PP). Daher liegt hier unser Fokus.
Im nächsten Schritt legen wir für die ausgewählten Faser-Matrix-Kombinationen jeweils mehrere kreislauffähige Materialstufen fest, die für die Produktentwicklung genutzt werden sollen. Denkbar sind zum Beispiel Folien, Organobleche, Compounds aus Flachfaser-PP sowie daraus hergestellte Rezyklate. Die Materialstufen werden am Fraunhofer WKI hergestellt. Anschließend erfolgt eine Bewertung unter zwei übergeordneten Gesichtspunkten:
- Bewertung der gestalterischen Qualität (Projektpartner »Studio Jonathan Radetz«)
- Ermittlung und Bewertung von technischen Eigenschaften wie Festigkeit oder Fließfähigkeit. Damit sind nicht nur Aussagen hinsichtlich ihrer Dimensionierung (z. B. Materialstärke vs. Steifigkeit) möglich, sondern auch hinsichtlich von Verfahrensgrenzen, zum Beispiel wie gut sich ein Formwerkzeug mittels Spritzguss mit der Schmelze füllen lässt.
Mit den ausgewählten und am besten bewerteten Materialstufen konzipieren wir ein Sitzmöbel mit definierten Funktionen:
- Notwendige Funktionen: Sitzmöglichkeit
- Gewünschte Funktionen: haptische und optische Funktionen mit Blick auf den konkreten Einsatzbereich
Die im Projekt gewonnene Erkenntnis über die gestalterischen und ausgewählten technischen Qualitäten der verschiedenen Materialstufen erlaubt es uns, Materialstufen gezielt für die Erfüllung der Funktionen einsetzen. Daraus ergeben sich ein oder mehrere Entwürfe für das Sitzmöbel.
Den Projektabschluss bildet die praktische Umsetzung eines ausgewählten Entwurfs als Funktionsdemonstrator. Das heißt: Wir stellen einen Sitzmöbel her und prüfen damit den Erfolg der Entwicklungsmethode (Proof of concept).